Drei Reformvorschläge für die Raumplanung
20.07.2025
Die Raumplanung ist für die Bündner Wirtschaft von grosser Bedeutung, hemmt deren Entwicklung aber zunehmend. Damit ist die gesamte Entwicklung des Kantons gefährdet. Der Immobilien- und Wohnungsmarkt funktioniert nicht mehr, wie er sollte. Es fehlen freie Gewerbeflächen an den richtigen Orten. Gemeinden, die neue Bauzonen schaffen könnten, wollen nicht. Gemeinden, die wachsen möchten, müssen auszonen, weil in der Vergangenheit zu wenig gebaut wurde.
Hauptgrund sind bundesrechtliche Vorgaben in der Raumplanung, vor allem die Zweitwohnungsinitiative und die Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG1). Raumplanung braucht Regeln und Steuerung – aber das aktuelle System funktioniert nicht. Verbesserungen bleiben oft Symptombekämpfung. Für die Randregionen mit anderen topografischen Voraussetzungen als das Mittelland, wie dies in Graubünden der Fall ist, braucht es dringend Reformen. Gerne möchte ich drei konkrete Vorschläge machen.
Anpassung bundesrechtlicher Kriterien für Gewerbeflächen
Gemäss unserer jüngsten Umfrage geht wegen fehlender Gewerbefläche viel Wertschöpfungspotenzial verloren. Viele Betriebe möchten erweitern oder neu bauen, finden aber keine geeignete Fläche. Ein Grund ist die Umsetzung des RPG1: Der Bund beurteilt, wie viele freie Gewerbeflächen im Kanton zulässig sind. Auf dem Papier scheint es genug zu geben, doch in Graubünden liegen sie oft am falschen Ort. Im Kanton Zug mag das kein Problem sein, in Graubünden jedoch schon, da Distanzen und Topografie enorm sind. Diese Faktoren müssen bei den Bundes-Kriterien stärker gewichtet werden. Graubünden braucht mehr eingezonte Gewerbefläche, als rechnerisch nötig wäre, um den Bedarf zu decken – schlicht aufgrund seiner topografischen Voraussetzungen.
Bevölkerungsprognosen nicht einziger Massstab
Viele Gemeinden müssen im Rahmen von RPG1 ihre Bauzonen stark verkleinern – selbst dort, wo Entwicklungspotenzial vorhanden wäre. Ihr Problem: Weil sie in der Vergangenheit zu wenig gewachsen sind, dürfen sie auch künftig kaum wachsen. Der Artikel 15 im Raumplanungsgesetz ist so anzupassen, dass auch strukturschwache Regionen Entwicklungschancen haben. Im Gesetz selbst ist festgehalten, dass das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben in allen Landesteilen zu fördern und eine angemessene Dezentralisation zu sichern ist. Die heutige Umsetzung widerspricht diesem Ziel. Die ausschliessliche Ausrichtung an 15-Jahres-Bevölkerungsprognosen ist verfehlt. Der Bundesrat könnte per Verordnung rasch Anpassungen vornehmen. Langfristig braucht es aber einen spezifischen Artikel für strukturschwache Regionen im RPG.
Zweitwohnungsmarkt für Erstwohnungen nutzen
Ein Grund für die Knappheit an Erstwohnungen sind neben RPG1 die Folgen der Zweitwohnungsinitiative. Beide haben in vielen Bündner Gemeinden die Baufläche künstlich verknappt und die Preise steigen. Das führt zu einem «Goldküsteneffekt». Ein Verbot der Umwandlung altrechtlicher Erst- in Zweitwohnungen ist keine Lösung – dies war nie Teil der Initiative und hätte keine Mehrheit gefunden. Nachhaltig ist nur, den Markt für Zweitwohnungen wieder für Erstwohnungen zu öffnen. Einige Bündner Gemeinden hatten dafür einst ein funktionierendes Steuerungssystem. Artikel 75a BV sollte ergänzt werden, damit Neubauten von Zweitwohnungen auch in Gemeinden mit über 20 Prozent Zweitwohnungen möglich sind, wenn dadurch Erstwohnungen geschaffen oder erhalten werden. Eine neue Regelung darf keinen ungebremsten Zweitwohnungsbau auslösen, sondern gezielt genügend Erstwohnungen sicherstellen.

