Bündner Baugeschichte über acht Generationen

Seit über 200 Jahren baut die Firma Zindel aus Maienfeld Strassen und Häuser. CEO Andreas Zindel führt das Unternehmen in achter Generation. Er hat es vor vier Jahren von seinem Vater übernommen und sagt: «Jede Generation führt anders.»

Was einst mit einem Handwerker begann, ist heute ein breit aufgestelltes Bauunternehmen mit 500 Mitarbeitenden. Die Geschichte beginnt im Jahr 1808. In einem Eintrag im Kirchenbuch von Maienfeld wird ein gewisser Johann-Ulrich Zindel als Maurermeister erwähnt. Der Bau war damals ein Handwerk, das von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Im Jahr 1930 wird das Unternehmen offiziell ins Handelsregister eingetragen. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten in den Kriegsjahren gelang es, das Baugeschäft mit 17 Mitarbeitenden am Leben zu halten. In den Sechzigerjahren entstanden erste eigene Produktionsstandorte, darunter das Betonwerk Tardis in Landquart. Die familiäre Führung blieb, das Denken wurde aber unternehmerischer. Ab den Achtzigerjahren prägten Andreas Zindel senior und Bernhard Zindel den Betrieb. Sie erweiterten ihn um neue Geschäftsfelder wie Umwelttechnik, Rückbau und Immobilienentwicklung. Mit strategischem Weitblick und einem starken Fokus auf Qualität stellten sie die Weichen für die heutige Struktur.

Nachfolge sieben Mal erfolgreich
Das Familienunternehmen «Zindel United» umfasst heute einen Verbund von über 20 Firmen, die gemeinsam den gesamten Prozess von Bauprojekten abdecken. Seit 2019 steht der 35-jährige Andreas Zindel junior an der operativen Spitze der Gruppe. Der gelernte Bauführer und Betriebswirtschafter stieg 2018 in das Unternehmen ein. Er war in verschiedenen Bereichen tätig, lernte das Unternehmen und seine Strukturen kennen. Dabei konnte er zusammen mit dem Führungsteam die Entwicklung des Unternehmens mitgestalten. «In der Familie Zindel wurde das Nachfolge-Thema frühzeitig und offen angesprochen, denn es ist ein natürlicher Bestandteil der langfristigen Planung. Wir haben viel mitei­nander gesprochen, geplant, hinterfragt. Die Basis war gegenseitiges Vertrauen, nicht ein starres Konzept», sagt Andreas Zindel. «Mein Vater hat früh Verantwortung übergeben, ohne sich ganz zurückzuziehen. Das hat mir Sicherheit gegeben, aber auch Freiraum. Es ging nicht darum, in grosse Fussstapfen zu treten, sondern mit Respekt vor dem grossen Erbe eigene Wege zu gehen.» Bemerkenswert ist, dass die Eigentümerverhältnisse geklärt und die Aktien zu 100 Prozent in Familienhand sind.

Heute zeigt sich Zindel United als Unternehmen mit klarer strategischer Ausrichtung. Nachhaltigkeit ist kein Zusatz, sondern Teil des unternehmerischen Kerns. Besonders sichtbar wird das im Bereich Kreislaufwirtschaft. Mit der Veredelung von Restholz zu Pflanzenkohle wird CO₂ ­gebunden, das anschliessend im CO₂-neutralen Beton KLARK eingesetzt wird. Damit verbinden sich mit Holz und Stein zwei zentrale Ressourcen des Bauens zu einem neuen, zukunftsfähigen Materialsystem. Auch die Digitalisierung wird aktiv vorangetrieben. So entstehen transparente, ressourcenschonende und planungssichere Prozesse. Für Andreas Zindel ist das kein Selbstzweck. «Wir wollen digitale Werkzeuge für die Zusammenarbeit und für die Umwelt einsetzen und damit einen echten Mehrwert schaffen.» Ein zweites Anliegen ist ihm die Unternehmenskultur. Mitarbeitende sollen Verantwortung übernehmen und ihre Ideen einbringen können. «Führung heisst für mich nicht Kontrolle, sondern Vertrauen schaffen und Raum geben», sagt Zindel. Diese Haltung spiegelt sich auch in der Art und Weise wider, wie die Unternehmensgruppe geführt wird. Nicht zentralistisch, sondern koordiniert. Nicht traditionell, sondern wertebasiert und offen für Neues. «Jede Generation führt anders, weil sich die Rahmenbedingungen ändern. Ich lege grossen Wert auf Kommunikation, transparente Strukturen und moderne Führungskultur. Gleichzeitig schätze ich die unternehmerische Klarheit, mit der mein Vater das Unternehmen geprägt hat.»

Die Zukunft im Blick
Trotz strategischer Öffnung bleibt der Hauptsitz in Maienfeld verankert. Die Nähe zu den Menschen und zur Region ist Teil der Identität des Unternehmens. Viele der 500 Mitarbei­tenden stammen aus der Region. Gleichzeitig entstehen immer mehr Partnerschaften und Projekte über die Kantonsgrenzen hinweg. Die Erfahrung im alpinen Raum trifft dabei auf die Fähigkeit, urbane Entwicklungen mitzugestalten. Was bedeutet es für Andreas Zindel persönlich, ein Unternehmen in achter Generation zu führen? «Es ist eine Ehre und eine Verantwortung. Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Aufgabe übernehmen konnte.» Weiter führt er aus: «Mir geht es nicht darum, die Geschichte des Unternehmens zu wiederholen, sondern sie mit neuen Ideen weiterzuschreiben.» Für ihn heisst das, konsequent in die Zukunft zu denken, ohne die Herkunft zu vergessen. Langfristig will er das Unternehmen so aufstellen, dass es auch für eine nächste Generation attraktiv bleibt. «Für Kundinnen und Kunden, für Mitarbeitende und vielleicht auch wieder für ein Familienmitglied», sagt der zweifache Familienvater. «Aber das ist noch weit weg. Entscheidend ist, dass wir gute, nachhaltige und mutige Entscheidungen treffen. Denn darauf bauen alle kommenden Kapitel auf», sagt Andreas Zindel.

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