Investoren schaffen Wohn- und Gewerberaum
02.12.2025
Beim Begriff Immobilieninvestor hat man ein klares Bild vor Augen: Anzugträger, die Mieten in die Höhe treiben und satte Gewinne einstreichen. Dieses Image greift zu kurz, sagt Benno Patt. Der Leiter Immobilienanlagen bei der Pensionskasse Graubünden (PKGR) räumt mit Vorurteilen auf und gibt einen Einblick in eine komplexe Branche.
Investoren spielen in der Finanzierung von grösseren Bauprojekten oft eine zentrale Rolle. Sie bringen nicht nur Kapital ein, sie liefern auch Know-how, Netzwerke und strategische Unterstützung in der Immobilienentwicklung. Investieren bedeutet auch Risiken einzugehen. Diese müssen zuerst identifiziert und bewertet werden. Einsprachen gegen Bauprojekte, überbordende Regulierungen der Behörden und das Baurisiko sind nur einige Beispiele für etwelche Stolpersteine. «Umso wichtiger sind bei Investitionen eine sorgfältige Auswahl der Projekte, Weitsicht und Geduld. Der Erfolg eines Investments zeigt sich oft erst nach Jahren», so Benno Patt. «Graubünden hat einen starken Heimmarkt mit privaten Immobilienentwicklern und Investoren.» Trotz der Herausforderungen bezeichnet er den Kanton für Erst- und Zweitwohnungen als attraktiven Standort. Dass man als Immobilieninvestor das grosse Geld verdienen kann, verneint er dagegen: «Am meisten verdienen der Landbesitzer und der Projektentwickler, nicht der Investor. Die Margen beziehungsweise Renditen sind deutlich kleiner geworden als noch vor zehn bis 15 Jahren. Das Risiko, vor allem bei Projektentwicklungen, ist dagegen aufgrund der zunehmenden Risiken gestiegen.»
Negatives Image der Investoren
Die PKGR investiert pro Jahr im Durchschnitt rund 30 bis 40 Millionen in Immobilien und von den Gesamtanlagen machen 30 Prozent Immobilienanlagen aus, was ca. einer Milliarde Franken entspricht. Die Unterschiede bei der Herkunft des investierten Kapitals innerhalb des Kantons sind laut Patt aber markant: «Es sind nach wie vor Private und Unternehmen, die beim Investieren die Nase vorne haben. Es gibt keine verlässlichen Zahlen. Ich denke aber, dass der grössere Teil von denen, welche die Projekte entwickeln, diese selber bauen.» In der Region Chur führe die Zuwanderung zwar zu steigender Nachfrage, in den touristischen Hotspots verschärfe das Zweitwohnungsgesetz die Lage zulasten der einheimischen Bevölkerung. Das verbessere das angeschlagene Image der Investoren nicht. Er sieht sie mitunter sogar in der Opferrolle: «Einzelne Marktteilnehmer oder private Eigentümer heizen Narrative über «böse Investoren» an, die dann teils undifferenziert medial verbreitet werden. Wenn Mietern wegen Umbauten gekündigt wird, ist das nicht zwingend widerrechtlich. Ich kenne viele Beispiele, wo sich Investoren wie aktuell im Churer Lacuna-Quartier vorbildlich verhalten und sich um das Wohl der Mieter kümmern. Leider wird darüber selten differenziert berichtet, und so wird die ganze Branche in Mitleidenschaft gezogen.» Der Nutzen von Immobilieninvestoren sei in Tat und Wahrheit klar ersichtlich. Denn ohne sie würde viel weniger gebaut. Anders als private Investoren zielt die PKGR nicht auf kurzfristige Wertsteigerungen ab, sondern auf stabile Erträge, die den Verpflichtungen gegenüber den Versicherten dienen. «Wir entwickeln, bauen, kaufen und bewirtschaften Immobilien – und das mit eigenen Mitteln.» Der dritte Beitragszahler in der beruflichen Vorsorge der Bündner Staatsangestellten sind zu einem guten Teil Immobilien. Mit deren Erträgen aus den Anlagen werden die Verzinsung des angesparten Kapitals und die Renten finanziert.
Deregulierungen dringend nötig
Auf die Zukunft der Bauwirtschaft angesprochen, sagt Patt: «Es kann nicht so weitergehen wie bisher.» Das Problem seien dabei keinesfalls die Investoren, die das nötige Kapital aufbringen. «Wir müssen es endlich schaffen, Deregulierungen nicht nur zu versprechen, sondern auch umzusetzen. Unsere Gesetze schreiben uns vor, wie wir mit unseren Baulandreserven umzugehen haben. Solange jeder seine Partikularinteressen in den Vordergrund stellt, die Einspracheflut weiter zunimmt und die Prozesse bei Arealentwicklungen immer komplizierter und aufwendiger werden, sehe ich kein Ende der Preisentwicklung nach oben.» Das würde bedeuten, dass «ohne ein Umdenken die Mieten weiter steigen werden, denn ein beachtlicher Teil der Steigerung der Baukosten sind auf die Regulierungen und die gestiegenen Risiken zurückzuführen». Im gleichen Atemzug verweist er auf den Mietermarkt: «Keine Frage, es ist das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, das die Mietpreise für neue Wohnungen in die Höhe treibt. Betroffen sind sowohl das Churer Rheintal als auch die touristischen Hotspots. In der Mietdebatte wird oft aber auch vergessen, dass seit 2008 der Referenzzinssatz eingeführt wurde, die Bestandesmieten bis vor drei Jahren nur gesunken sind. Aktuell geht der Referenzzinssatz mit kleiner Verzögerung im Gleichschritt mit den Leitzinsen wieder nach unten», erklärt Patt.
Pensionskasse Graubünden
Die Pensionskasse Graubünden (PKGR) ist mit Vermögenswerten von vier Milliarden Franken, davon rund eine Milliarde Franken in Immobilien, einer der grössten Investoren des Kantons. Aktuell beschäftigt die PKGR insgesamt 20 Mitarbeiter/innen. Im Immobilienbereich sind neun Mitarbeiter und eine Lernende dafür besorgt, dass die Neubauten in hoher Qualität umgesetzt, die Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen sowie die Seniorencenter unterhalten und die Mieter und Betreiber mit den ihnen zustehenden Dienstleistungen versorgt werden. Im Moment sind fünf Bauprojekte im Gesamtwert von gegen 100 Millionen in der Umsetzung. Weitere gut 50 Millionen an Investitionen sind geplant oder stecken in Bewilligungsprozessen fest. Die PKGR hat in ihrem Portfolio 1400 Wohneinheiten, davon 1210 im Kanton Graubünden. In den sechs Seniorencentern nennt sie zusätzliche 180 Wohneinheiten mit Betreuung bis Pflege ihr Eigentum.

