Stabilität und Wandel im Ausbaugewerbe
25.11.2025
Das Ausbaugewerbe in Graubünden läuft rund. Es steht aber auch vor Herausforderungen – geografisch, technologisch und gesellschaftlich. Doch mit Innovationsgeist, lokaler Verankerung und einem klaren Bekenntnis zur Ausbildung bleibt es auch in Zukunft ein zentraler Pfeiler der Bauwirtschaft.
Das Ausbaugewerbe deckt Arbeiten ab, die nach dem Rohbau zur Fertigstellung und Ausstattung oder Sanierung von Gebäuden notwendig sind. Dazu gehören Maler/Gipser, Gebäudehülle, Schreiner, Platten-/Bodenleger, Gebäudetechniker oder Elektriker. Es zeigt sich derzeit in Graubünden von seiner stabilen Seite und beschäftigt bei einem Umsatz von 445 Millionen rund 7900 Mitarbeitende und 500 Lernende. Nach Corona war die Auftragslage in Ordnung, aber letztes Jahr gab es in der Auftragsakquise eine ruhigere Phase. «Die typische Wellenbewegung in der Bauwirtschaft kennen wir seit jeher. Momentan erhalten wir viele Offertanfragen – das ist ein gutes Zeichen», sagt Giacomo Lecchino, Geschäftsleiter der Willi Gebäudetechnik AG in Chur.
Tourismus als Treiber
Ein entscheidender Treiber für das Ausbaugewerbe sei der Tourismus, sagt Lecchino. Hotels, Ferienwohnungen und Bergbahnen würden laufend renoviert oder gebaut – ein stabiler Auftragsstrom für spezialisierte Handwerksbetriebe wie die Willi Gebäudetechnik AG. Doch der Boom hat seinen Preis, besonders wenn die Projekte in abgelegenen Tälern oder auf exponierten Höhenlagen realisiert werden müssen. Dann steigen Komplexität bei Technik, Planung, Organisation – und Kosten. «Die geografischen Bedingungen beeinflussen unsere Arbeit», so Lecchino. Trotz der anspruchsvollen Topografie sieht er Graubünden nicht im Nachteil: «Gute Planung erlaubt uns, auch auf schwierige Bedingungen rasch zu reagieren.» Engpässe bei Material oder Personal seien momentan kein dominierendes Thema – auch dank vorausschauender Lagerhaltung und Organisation. Was die verschiedenen Branchen des Ausbaugewerbes dagegen beschäftigt, ist der Fachkräftemangel – vor allem in den Tälern. Wie in vielen ländlichen Regionen zieht es junge Menschen für Ausbildung und Karriere in grössere Städte. «Viele kommen später als Heimweh-Bündner zurück – das ist unsere Chance», sagt Lecchino. Die Entwicklung bei der Anzahl Lernenden bei den 27 Berufen des Ausbaugewerbes ist jedoch unterschiedlich. So war die Anzahl Lernende bei den Elektrikern in den letzten Jahren stabil, bei den Gebäudetechnikern sind sie gesunken. So engagiert sich beispielsweise der Verband suissetec in der Lehrlingswerbung sowie mit einem neuen modernen üK-Zentrum und weiteren Unterstützungsangeboten für Lehrbetriebe in der Nachwuchsförderung. Die ibW Höhere Fachschule deckt zudem eine Vielzahl von beruflichen Weiterbildungen im Ausbaugewerbe ab, so auch neun Weiterbildungen bei der Gebäudetechnik. «Die Rekrutierung gestaltet sich aufwendig. Wir laden jedes Jahr vier bis sechs Schulklassen ein und bringen ihnen mit Theorie und in der Werkstatt unsere Berufe näher. Damit konnten wir schon einige Lernende gewinnen», so Lecchino.
Nachhaltigkeit ist Standard
Gebäudesanierungen und Energieeffizienzmassnahmen haben in den letzten Jahren deutlich zur positiven Entwicklung des Ausbaugewerbes beigetragen. Ebenfalls hat die Installation von PV-Anlagen bei Wohn- und Gewerbeliegenschaften in den letzten Jahren zugenommen. Auch die Nachfrage nach nachhaltigen Sanierungen ist deutlich gestiegen – befeuert durch gesetzliche Vorgaben, Förderprogramme und steigende Energiekosten. «Gerade bei Wärmepumpen verzeichnen wir ein sehr grosses Interesse», berichtet Lecchino. Dabei achte man verstärkt auf ökologische Aspekte wie den Einsatz natürlicher Kältemittel mit niedrigem Treibhauspotenzial. Das kantonale Gebäudeprogramm oder der Bündner Green Deal wirken als zusätzliche Triebfedern für energetische Sanierungen. «Diese Programme helfen dem Klima – und sie sichern dem regionalen Gewerbe langfristige Aufträge.»
Sensorik und KI
Auch vor dem traditionsreichen Handwerk macht der digitale Wandel nicht halt. Im Ausbaugewerbe haben in den letzten 20 Jahren viele technische Veränderungen bei der Planung und Organisation stattgefunden. So ist die Datenaufnahme bei Sanierungen von bestehenden Gebäuden heute fast schon Standard und auch Augmented Reality nimmt mehr und mehr Einzug in die Kommunikation mit den Kunden. Künftig dürfte es vor allem im Bereich Energieproduktion und -speicherung zu weiteren technologischen Veränderungen kommen. Die Willi Gebäudetechnik AG setzt zum Beispiel bereits heute auf mobile Apps für Planung, Rapportierung und Qualitätssicherung. Monteure sind mit Tablets ausgerüstet, Projekte werden zunehmend über digitale Plattformen wie BIM (Building Information Modeling) koordiniert. Künstliche Intelligenz kommt zum Beispiel beim Heizungsrechner oder in der Badplanung zum Einsatz. «Wichtig ist, dass die Digitalisierung für die Mitarbeitenden einen erkennbaren Mehrwert bringt. Dann sind sie auch bereit, sich darauf einzulassen», sagt Lecchino.

